Skip to main content

„Glaubst ma nie“ – 2

Angefangen bei Thomas Bernhard, der im Café Bräunerhof saß als sich plötzlich ein Vogel ins Kaffeehaus verirrte und auf seiner Schulter landete, über Falco, der im Café Hummel ausgelassen feierte, bis hin zur Autorin Stefanie Sargnagel, die im Café Weidinger ihren Debütroman „Dicht“ verfasste — die Wiener Kaffeehäuser sind als Zufluchtsorte für KünstlerInnen und Intellektuelle international bekannt.

ZWISCHEN AFTERPARTY UND MORGENRITUAL

Doch es sind vor allem die alltäglichen Begebenheiten, die die Kaffeehäuser zu einem Hort von merkwürdigen Geschichten machen. So entstehen lustige Anekdoten, wenn die Kaffeehäuser frühmorgens ihre Türen öffnen und die Überlebenden der vergangenen Nacht, die noch nicht genug vom Feiern haben, auf jene Frühaufsteher treffen, die gestärkt von einer großen Tasse schwarzen Kaffee in den Tag starten wollen. Dabei kann es schon mal zu kleineren Reibereien und clashenden Gemütern kommen.

EINZIGARTIGE CHARAKTERE

Und dann sind da noch diese ganz speziellen Persönlichkeiten, schillernd, unverwechselbar und einmalig. Wie der Herr in seinen 60ern, der seit zwanzig Jahren täglich in sein Stammkaffeehaus geht und laut eigenen Angaben an einer bereits 1500 Seiten langen Biographie von Falco schreibt. Gerne holt er mit einer stolzen Miene ein Bild aus dem Portemonnaie hervor, das ihn und sein Idol nach einem Konzert in der Wiener Stadthalle zeigt und reicht es bereitwillig unter den anderen Gästen herum.

UNERWARTETE GÄSTE: DAS ZAHME FRETTCHEN, DAS CHAOS HINTERLIEß

Obwohl die Kaffeehaus-MitarbeiterInnen so einiges gewohnt sind, passieren immer wieder Momente, wo man dann doch kurz innehalten muss. So wie wenn ein Herr zum ersten Mal vorbeischaut und auf der Schulter ein waschechtes Frettchen trägt. Auf die skeptischen Blicke der Oberkellnerin hin meinte der Mann, das Tier sei zahm und tue keiner Seele was zu Leide. Als dann jedoch ein anderer Gast etwas lauter das Kaffeehaus betrat, schreckte das Tier zusammen und sprang über den Tresen direkt in die Küche. Es dauerte eine Stunde, bis es wieder eingefangen war — zersprungene Gläser, kaputte Teller drei ruinierte Torten inklusive. Der Halter des Frettchens hat sich zwar entschuldigt, aber war danach nie wieder gesehen.

WENN DAS LEBEN SELBST DIE FEDER FÜHRT

Das sind Geschichten, die das Leben im Kaffeehaus schreibt und die oft so skurril anmuten, dass man sie nur glauben kann, wenn man selbst in den Genuss der besonderen Atmosphäre eines Kaffeehauses gekommen ist. Am liebsten möchte man diese Geschichten mit einem Augenzwinkern weitererzählen, denn sie sind manchmal skurril, manchmal herzlich, aber auf jeden Fall unvergesslich.